
Flüchtlinge aus dem Libanon im "Haus Maria"
Dienstag, 17. September 2024: Es ist der erste Schultag, ein fröhlicher Morgen! Doch am Nachmittag schleicht sich die Angst ein und die Schule muss geschlossen werden, da eine düstere Vorahnung des Krieges in der Luft liegt. Am Abend des 23. September beginnt der Beschuss in den Dörfern der Bekaa-Ebene im Libanon. WIR SIND DORT!
Die kleine Gemeinde „Laura Vicuña“, die sich auf das Goldene Jubiläum ihrer Präsenz in diesem von Armut geprägten Gebiet vorbereitete, wurde beim Geräusch der Bomben sofort alarmiert und bereitete sich darauf vor, die Flüchtlinge aus ihren Häusern aufzunehmen.
Wir richteten den einzigen sicheren Ort in der Schule ein: das Theater und die angrenzenden Einrichtungen. Die ersten Ankömmlinge waren eine junge Familie, deren Frau ein Baby erwartet, gefolgt von schwangeren Frauen, Säuglingen, Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen. In der ersten Nacht fanden etwa 300 verängstigte Menschen Zuflucht bei uns, die aus den Trümmern geflohen waren und dringend Hilfe benötigten. Eine ältere, gelähmte Frau wurde zusammen mit ihrer Tochter in einem Zimmer untergebracht. Wir stellten Stühle und Matratzen zur Verfügung, verteilten Decken an Kinder und ältere Menschen und gaben Wasserflaschen aus, die wir vorrätig hatten. Da der Strom ausfiel, suchten wir nach vorgeladenen Glühbirnen, um die Dunkelheit der Nacht zu erhellen. Die Menschen fanden ein wenig Trost: Das Haus Mariens, der Mutter aller, bot ein Minimum an Sicherheit.
Die Nacht zog sich in quälender Langsamkeit dahin. Schlaf war für niemanden möglich, und mit jedem Einschlag wurden die Schreie der Erwachsenen und das Weinen der Kinder lauter. Wir versuchten, Trost zu spenden und mit den beruhigenden Worten des Herrn zu ermutigen: „Fürchte dich nicht, ich bin bei dir.“ In aller Frühe bemühte sich Sr. Soad Hbaika, alle mit Wasser und Essen zu versorgen. Glücklicherweise kamen hilfsbereite Menschen vorbei, die Brot und Wasser brachten.
Im Laufe der Tage wurde der Wasserverbrauch in den Reservoirs zunehmend besorgniserregend, da die Flüchtlinge viele Bedürfnisse hatten, wie Körperpflege und Wäsche. Wir versuchten, Generatoren in Betrieb zu nehmen, doch diese verbrauchten den Diesel, der für das Schuljahr vorgesehen war. Die ständigen Bombardierungen erhöhten die Anspannung. Die gesamte Gemeinschaft arbeitete und betete unermüdlich. Es wurde immer dringlicher, Vorräte zu finden, um die Flüchtlinge vor der Kälte zu schützen und sie zu ernähren. Gemeinsam mit dem Bürgermeister und dem Dorfvorsteher, El Mukhtar, gelang es uns, ein Hilfsnetz aufzubauen, um die etwa tausend Menschen zu versorgen, die in der Schule sowie in den beiden kirchlichen Gemeinden, der maronitischen und der orthodoxen, untergebracht waren.
In den letzten Tagen nahmen die Schwierigkeiten zu. Wir teilten uns das Wasser aus unserem Brunnen mit den beiden anderen Aufnahmezentren über eine 500 Meter lange Leitung. Der Dieselverbrauch für die Brunnenpumpe stieg, und wir befürchteten, mit dem Wintereinbruch ohne Heizung dazustehen. Daher kauften und verteilten wir zusätzliche Decken, Kissen und Teppiche, um etwas Wärme zu bewahren. Wenn die Angst nachließ, konnten wir mit den Flüchtlingen Momente der Gemeinschaft erleben: einmal bei den von der Oberin zubereiteten Kuchen, ein anderes Mal bei einem gemeinsamen Mittagessen oder bei der Bereitstellung von Spielzeug, Buntstiften und Schulheften für die Kinder. Auch konnten wir Bildungseinheiten in Altersgruppen anbieten. Jeden Abend, nach dem Essen, beteten wir mit den Kindern und Erwachsenen, dass das Reich der Gerechtigkeit und des Friedens bald kommen möge!
In der Hoffnung, wieder ein normales Leben führen zu können, vertrauen wir auf Gottes Barmherzigkeit und Ihre Gebete.
(Quelle: Zeitschrift "Da mihi animas" 04/2024)